Heinz und Annerose Krüger - Sterngucker in Tolkewitz

 

Seit jeher fasziniert der Anblick des nächtlichen Himmels die Menschen. Hin und wieder will es aber jemand genauer wissen. Nicht nur „Fachleute“ – studierte Experten – sondern gerade auch engagierte Laien, Enthusiasten haben in der Geschichte der Astronomie (und natürlich auch anderer Wissensgebiete) manche Entdeckung auf ihrem Konto. Über den Prohliser Astronomen Palitzsch ist viel geschrieben worden. Quasi im Nachbardorf hatte er aber einen Kollegen, der weniger bekannt ist. Der knapp 20 Jahre ältere Christian Gärtner in Tolkewitz war es, der dem jungen Palitzsch den ersten Blick durch ein Fernrohr ermöglichte.

Auch der heute 83-jährige Heinz Krüger (Geboren am 31. März 1923 in Bornstädt bei Potsdam) gehört zu jenen Menschen, die der Faszination des nächtlichen Himmels erlegen sind. Mit einfachsten Mitteln und Materialien, verbunden mit Improvisationstalent und Erfindungsreichtum erfüllen sich er und seine Frau Annerose immer wieder ihren Wunsch: Die Ereignisse am Himmel zu beobachten, zu verstehen und zu dokumentieren. Dutzende Alben und Kisten mit selbstgeschossenen Fotos von Kometen, Sonnendurchläufen, Finsternissen und anderen Ereignissen bilden den Familienschatz der Krügers.

Trotz der spezifischen Schwierigkeiten - Immerhin ist eine Stadtwohnung keine Sternwarte und das Portemonnaie eines Rentnerehepaares kein üppiger Forschungsetat - können sich die Ergebnisse sehen lassen.

„Schon als Kind habe ich gerne in die Sterne geguckt. Mein Großvater war der „Bornstädter Fischer“, ein einfacher Mann und da gab es abends nur die Petroleumlampe. Ringsherum war es wirklich dunkel und man konnte wunderbar den Himmel beobachten. Er hat mir den großen und den kleinen Wagen, Polarstern und Kassiopeia (Himmels-W) gezeigt. 
Im Kriege war ich in Russland, dort haben wir auch immer nach oben geschaut und dachten: Da ist Norden, dort Westen, da liegt die Heimat.

Dann habe ich viele Jahre nichts besonderes mehr am Hut gehabt mit Astronomie. Ich habe als Buchhalter gearbeitet und mein Hobby war Modellflugzeugbau. Als wir dann nach Dresden umzogen, das war kurz vor meiner Rente, konnte ich dieses Hobby nicht mehr machen. Da hat mein Arzt verlangt: „Suchen Sie sich ein neues Hobby! Etwas, was Sie noch nie so gemacht haben.“ Und da habe ich begonnen, mit dem Fernglas den Mond genauer zu betrachten.
Das war schon interessant, was man da so beobachten konnte. Es dauerte nicht lange, da schenkte mir meine Frau einen Sternenkalender. Da stand immer genau drin, was es wo gerade Besonderes zu sehen gab am Himmel. Und da reichte dann auch das Fernglas nicht mehr, ein Teleskop musste her. Zuvor aber wollte ich Mond und Sonne nicht nur winzig, sondern Formatfüllend auf den Fotos haben. Mir fiel ein, dass auch das Fotografieren mit dem Fernglas möglich sein sollte. Also bastelte ich aus dem Fernglas, Zwischenringen und der Kamera ohne Objektiv eine „Astrokamera“. Das ganze wird durch eine Leiste aus Ersatzteilen und Zubehör älterer Apparate zusammengehalten. Erste Aufnahmen von Sonnenaufgängen waren ein voller Erfolg. Diese „Astrokamera“ benutzte ich dann oft bei Sonnen- und Mondfinsternissen. 
Wir – meine Frau war inzwischen genauso Sternenverrückt wie ich – kratzten unsere Ersparnisse zusammen und legten uns ein kleines Teleskop (60x900) zu. Das benutze ich bis heute. Aus Holz und Lederriemen habe ich mir dann eine Vorrichtung gebaut, um meine alte Exa Ia am Teleskop anzubringen. Aus speziellem Filterpapier und Pappe habe ich Sonnenfilter gebaut, um die Sonne, ihre Finsternisse und Planetendurchgänge fotografieren zu können, was auch sehr gut gelang. 

In den folgenden Jahren schafften wir uns dann noch zwei bessere Teleskope an. Wegen Platzmangels kann aber immer nur Eins aufgebaut sein. Es steht griffbereit und wettergeschützt im umgeräumten ehemaligen Kinderzimmer. Hier haben wir auch eine kleine Galerie mit den schönsten Fotos eingerichtet. 
Sobald der Himmel wolkenlos ist wird zum Himmel geschaut. Sehr interessant ist auch der Blick zum Jupiter mit seinen Bändern und den 4 Monden, aber auch der Saturn mit seinem Ring. Er sieht aus wie eine Kaffeetasse mit 2 Henkeln.

Auch mit einem stehenden Fotoapparat lassen sich sehr schöne Bilder schießen. Schon eine Langzeitbelichtung von 3-5 Minuten lässt die Sterne Spuren ziehen. Sie sind wegen der Oberflächentemperatur farblich unterschiedlich. Die Erdumdrehung kann man besonders gut erkennen, wenn man in Richtung Polarstern lange belichtet. 
Natürlich haben uns auch die Kometen Hyakutake und Hale-Bopp schlaflose Nächte bereitet. Da haben wir nachts unsere Ausrüstung geschnappt und sind auf die Elbwiesen gezogen. 
Seit 2001 sind wir Mitglieder in der Palitzsch- Gesellschaft. Wir haben kleine Ausstellungen veranstaltet und halten gelegentlich Vorträge. Besonders die Volkssolidarität fragt immer wieder an, ob wir nicht etwas machen können. Meine Frau hat dann zu den Sternbildern die passenden antiken Sagen herausgesucht und wir haben schöne kleine Programme gemacht.“


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