Informationsblatt der Palitzsch-Gesellschaft e.V.

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Infoheft 2010.5


Die Welt auf dem Mond


Der dritte Vortrag innerhalb der Veranstaltungsreihe „Vorträge 2010“ am 12. Mai 2010 im Heimat- und Palitzsch-Museum Prohlis „Die Welt auf dem Mond und der neue Planet – die Popularisierung der Wissenschaft im 17. Jahrhundert“ stand – um im Bild zu bleiben – unter keinem besonders günstigen Stern: Der langfristig angekündigte Vortrag des Dr. Gerd Grübler war nicht die einzige Veranstaltung an diesem Abend im Museum geblieben. Die Zahl der Teilnehmer war daher bedauerlicherweise nur gering.
Es kann nicht die Aufgabe dieses Beitrages sein, für die Nichtteilnehmer noch einmal alle Gedanken und Fakten des eineinhalbstündigen Vortrages aufzuführen und zu erläutern. Einige interessante Aspekte sollen allerdings genannt werden und unter Umständen auch zum Nachdenken anregen.
Der Beginn des 17. Jahrhunderts, von dem hier vorwiegend die Rede ist, wurde in Deutschland durch die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges geprägt. Die Bedeutung und Entwicklung der Wissenschaft hielt sich daher sicher in einem nur bescheidenen Rahmen. In England war die unter anderem durch Sekten geprägte staatliche Ordnung ein einziges Chaos und bezüglich der Welt als Ganzes herrschte im Volke allgemein Pessimismus: „Die Welt ist verbraucht, das Ende und das Jüngste Gericht stehen unmittelbar bevor.“ Das bisherige unerschütterlich über Jahrhunderte feststehende Weltbild wurde zudem durch kosmische Erscheinungen wie die Supernova oder auch die Entdeckung der Jupitermonde und der Sonnenflecken in ihren Grundfesten erschüttert. Für einen extrem kalten Winter und all die anderen Phänomene wurden wissenschaftliche Erklärungen gesucht. Die geltende Wissenschaftstheorie und das geozentrische Weltbild wurden in Frage gestellt und mußten neu überdacht werden. Die Wissenschaft bedeutete dabei keine Abkehr von der Religion, sondern stellte selbst eine Art Religion dar. John Wilkins (1614-1672) war Theologe, Hausangestellter bei hochgestellten Persönlichkeiten und später sogar Bischof. Um 1640 trat er mit Texten über den Mond und die Erde an die Öffentlichkeit. Seine Popularität zeigte sich auch in französischen und deutschen Übersetzungen. Der Glaube, dass es neben der Erde zahllose andere bewohnte Welten gibt, hat sich bis heute, wenn auch in anderer Form, erhalten und konnte bisher weder bewiesen noch widerlegt werden. Der Mond war demzufolge eine Art Erde. In Veröffentlichungen wurden sowohl wissenschaftliche Betrachtungen als auch unterhaltsame Beiträge wie Reiseberichte in den verschiedensten Varianten angeboten. In der Zeit der Automaten fand die Fantasie für die merkwürdigsten Erfindungen und Erscheinungen reichlich Nahrung.
In der Auseinandersetzung mit dem Weltbild wurden für unser heutiges Wissenschaftsverständnis viele „merkwürdige Argumente“ ins Feld geführt. Dazu gehörten insbesondere Zitate aus dem Alten Testament (Literalisten). Durch die Wissenschaft sollte jedoch eine gemeinsame Basis zur Überwindung des Chaos gefunden werden. Dabei stellte sich die Frage nach den Idealen in „unserer“ Welt. Die Wissenschaft hielt Einzug in Politik und Moral. „Es wäre gut, wenn wir die Bibel aus philosophischen Diskussionen heraushalten könnten!“ Und doch: „Der Blick auf die Welt zeigt die Vortrefflichkeit und Allmacht ihres Schöpfers.“ Die Diskussionen über „Gott und die Welt“ sind im wahrste Sinn des Wortes noch heute aktuell.

Gerhart Ziegner

© 2010 Palitzsch-Gesellschaft e.V., Redaktion Dr. Dietmar Scholz, vorstand [et] palitzsch-gesellsdhaft.de

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